Ausgestattet mit Umfrageergebnissen zum Thema seelische Gewalt, zwei themenzentrierten Kurzfilmen und Postern des Bundesverbandes versammelten sich Vorstandsmitglieder und Mitarbeiterinnen des Kinderschutzbundes OV Speyer an ihrem Infostand auf dem Platz der Stadt Ravenna zum Weltkindertag, dem 20. September.

Zugegeben, das Thema verlangt etwas mehr an Nachdenken als die Diskussion um körperliche Gewalt: Psychische Gewalt kommt ganz OHNE Schläge aus, hat aber ebenso verheerende Folgen für den Einzelnen und die Gesellschaft: Gerade Kinder leiden sehr unter seelischer Gewalt, die sie oft nicht einordnen können; wie sollen sie umgehen mit Vernachlässigung, Liebesentzug oder Ablehnung, Mobbing und Demütigung? Worauf soll sich ihr Vertrauen in die Erwachsenen, sich selbst, die Welt, gründen?

Christel Koch, die Erste Vorsitzende: „Die Prügelstrafe wurde zum Glück 1973 abgeschafft, ab 2000 die gewaltfreie Erziehung ins BGB als Pflicht übernommen. Wem im Jahr 2022 noch etwa „die Hand ausrutscht“, der weiß genau, dass das überhaupt nicht in Ordnung ist und hat zumindest ein schlechtes Gewissen. Jetzt müssen wir noch besser lernen, dass auch Worte gewalttätig sein können, manchmal leichtfertig geäußert und sogar ohne Absicht.“ Rosemarie Keller-Mehlem von der Kindertagespflege beim DKSB pflichtet ihr bei: „Ja, manchmal tun wir unseren Kindern weh durch unachtsame Sprache. Wir erinnern heute daran, dass wir alle in Zukunft verstärkt darauf achten wollen.“ Und ihre Kollegin, Andrea Punte, ergänzt: „Es geht insbesondere darum, mit Kindern auf Augenhöhe, als faire Partner, zu sprechen“. Die Expertinnen aus der Kindertagespflege unterstreichen, wo sie die Aufgaben der Gesellschaft sehen: „Wir müssen strukturell unterstützende Maßnahmen zur individuellen Entlastung in den Familien finden, wir müssen die Alltagsstrukturen in den Familien entlasten, damit nicht so viel Stress und Druck entstehen“.

Auch in Kita und Schule gibt es viele Situationen, die, oft unbeabsichtigt, beschämende, herabwürdigende Wirkung haben: „Leider werden selbst heute noch Klassenarbeiten nach Noten sortiert zurück an die Klasse gegeben – mit entsprechendem öffentlichen Bloßstellen derjenigen, die nicht so gut abgeschnitten haben“, so Dipl.-Psychologe und Psychotherapeut Dr. Fred Bernitzke.

Und Hartmut Loos, 2. Vorsitzender, ergänzt: „Mit unserer heutigen Aktion wollen wir die Aufmerksamkeit auf diesen Themenkreis „seelische Gewalt“ fokussieren, aber auch daran erinnern, was wir als Kinderschutzbund an Hilfe anbieten können:

Neben der schon genannten Entlastung des Familienalltags zum Beispiel durch die Kindertagespflege sind wir Träger der Spiel- und Lernstube NORDPOL in Speyer- Nord, auch sie eine Maßnahme zur Entlastung der Familien von Stress durch Schule und Erziehung. Kinder und Jugendliche können sich mit ihren Sorgen und Nöten auch anonym und kostenlos an das Kinder- und Jugendtelefon mit seinen ausgebildeten Telefonberater*innen wenden (Tel.Nr.: 116 111); wenn Grundschulkinder ängstlich sind, ihnen Vertrauen fehlt oder andere Probleme gleich zu Beginn der Schulpflicht anstehen, können wir geschulte Lernpat*innen vermitteln, die die Kinder begleiten und ihnen helfen, besser in der neuen Situation anzukommen.“

„Unsere Umfrage hat gezeigt, dass selbst heutige Omas und Opas sich noch sehr deutlich an die schlimmsten Sätze erinnern, mit denen Erwachsene sie als Kinder bedacht haben. Diese Sätze haben sie bis ins hohe Alter begleitet und belasten sie teilweise heute noch. Tun wir als Gesellschaft und insbesondere als Kinderschutzbund Speyer alles dafür, dass die nächste Generation von solchen Erfahrungen möglichst verschont bleibt. Übernehmen wir Verantwortung für ein gewaltfreies Miteinander in unseren Familien, in unserem Umfeld, in Schule und Gesellschaft. Wir freuen uns über alle, die sich uns anschließen oder uns in unseren Projekten als Ehrenamtliche unterstützen“, so abschließend Christel Koch, Erste Vorsitzende.