Von Gabriele Weindel-Güdemann, ehrenamtliche Vorstandsfrau beim DKSB OV Speyer

Corona hat uns als Gesellschaft, als Individuen und als „kleine Vereine“ kalt erwischt. Erst dachten wir: „So schlimm wird es nicht werden.“ Dann mussten wir einsehen, dass wir uns da getäuscht hatten und es blieb uns nichts anderes übrig als unsere Arbeitsroutinen, Gewohnheiten und Verhaltensweisen an die unbequeme Situation anzupassen.

Nach mittlerweile 14 Monaten Pandemie haben wir viele Herausforderungen gemeistert und einiges dazugelernt, privat und im Ortsverband Speyer des Kinderschutzbundes. Interaktive Aktionen mit Kindern, Informationsstände auf der Maximilianstraße, die Kinderbackstube auf dem Weihnachtsmarkt oder unsere Teilnahme an den Basteltagen in der Stadthallte, also Aktivitäten, die uns mit Menschen in Kontakt bringen, wurden abgesagt. Selbst unsere internen Beratungen zum neu übernommenen Projekt „Lernpat*innen“ oder die herausfordernde Organisation der Nachmittagsbetreuung im NORDPOL in Speyer Nord, mussten unsere Mitarbeiterinnen neu organisieren.

Manches geriet ins Stocken. Termine wurden verschoben. Wir suchten große Räume für unsere Vorstandssitzungen, Besprechungen, Planungssitzungen. Aber mit dem ersten Lockdown war das keine Lösung mehr. Wir mussten uns verändern, digitaler werden.

Das mag großen Unternehmen, die auf diesem Gebiet auf eine gut ausgestattete Infrastruktur und ausgebildete Mitarbeiter*innen zurückgreifen können leicht gefallen sein, wir im Vorstand des OV Speyer hatten da so unsere Probleme.

Glücklicherweise hatten wir kurz vor Ausbruch der Pandemie unsere Hardware aktualisiert und waren somit einigermaßen gut aufgestellt. Die Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung hatte dies notwendig gemacht. Deren Anforderungen brachten uns kleinen Verein bereits an den Rand unserer Kräfte.

Es kam, wie es kommen musste: Wie so viele andere mussten auch wir online gehen. Niemand in unseren Reihen zählt zu den „digital natives“ aber wir packten die Aufgabe mit Neugierde und Vertrauen in unseren „Fähigkeiten-Pool“ an. Denn auch hier gilt: Gemeinsam sind wir stark und was die eine nicht kann, weiß der andere.

Unser Mail-Austausch wurde intensiviert. Wer vorher nicht so häufig in sein Mail-Account gesehen hatte, der stellte sich um. Wir probierten Konferenztools aus und entschieden uns für eine Version. Gebrauchsanleitungen wurden erstellt, damit sich alle Teilnehmer*innen vor der Premiere zur ersten digitalen Vorstandssitzung des Kinderschutzbundes OV Speyer mit der Plattform theoretisch vertraut machen konnten… Was muss ich herunterladen? Wie wähle ich mich ein? Wie sieht man mich? Wie funktioniert mein Mikro? Wie melde ich mich zu Wort?…  Basis-Wissen Online-Konferenz…

Es gab einen Probelauf vor der ersten Sitzung, der mehr Sicherheit mit der digitalen Arbeitsweise bot. Sogar Vorstandsfrauen, die das Medium Computer in den letzten Jahren als „Schreibmaschine“ genutzt hatten, wurden mutiger. Um diesen Mut weiter auszubauen, gab es ein Coaching unter AHA-Regeln bei den ersten Sitzungen. So konnte das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten weiter wachsen und gedeihen.

Trotzdem klappt nicht immer alles. „Vermehrtes Adrenalin und Herzklopfen“ sind bei einigen noch regelmäßige Begleiterscheinungen vor unseren Sitzungen. „Die Anspannung steigt vor jeder Sitzung“, nicht immer gelingt die Einwahl sofort und ab und an kommt „Hektik auf“. Manchmal ist der Ton weg, dann das Bild…Die Übertragung wackelt, weil so viele gleichzeitig in der Nachbarschaft streamen oder auch an Sitzungen teilnehmen. Plötzlich ist man komplett draußen und muss sich neu einwählen und an anderen Tagen läuft alles wie am Schnürchen. Da heißt es Ruhe bewahren. Es geht nur was geht. Nicht immer hängt es an der Person vor dem Bildschirm, manchmal streikt ganz einfach die Technik.

Die erste Vorstandssitzung war für uns alle ein besonderes Erlebnis und hat dann doch prima geklappt. Wir haben gelernt, dass eine Online-Sitzung eine andere Art der Disziplin erfordert und auch das haben wir hinbekommen. Unsere Sitzungen sind konzentrierter und besser auf den Punkt. Häufig sind wir deshalb früher fertig und schaffen unser Pensum trotzdem. Im letzten Jahr führten wir unsere Mitgliederversammlung online durch, bei der wir einen neuen Vorstand gewählt haben. Welch ein Erfolg!

Wenn wir auf die digitale Herausforderung im Pandemiejahr zurückblicken, können wir sagen: Wir haben viel dazugelernt und uns nicht ausbremsen lassen. Wir konnten uns insgesamt professionalisieren: die Mitglieder im Vorstand, unsere pädagogischen Mitarbeiterinnen und diejenigen in der Verwaltung und im Büro. Unsere Konferenzen finden mittlerweile fast mühelos online statt, auch jene mit externen Gruppen wie beispielsweise den Fachabteilungen der Stadt, unserem Landes- und Bundesverband sowie unseren Mitarbeiterinnen im NORDPOL.

Wir haben fünf Tablets angeschafft, die den Teilnehmer*innen an Schulungen zur Verfügung gestellt werden können. Aktuell sind davon drei in Gebrauch. Die User werden von uns in deren Handhabung eingewiesen und bei Bedarf können Sie auf unsere eigene „Hotline“ zugreifen.

Aktuell erarbeiten wir online und hoffentlich bald wieder in Präsenz:

  • Die Ausbildung der Kindertagespflegepersonen (Online-Kurs)
  • Die Ausbildung für unsere Telefonberater*innen bei der Nummer gegen Kummer (Online-Kurs)
  • Die Ausbildung der neuen Lernpat*innen (Online-Kurs) und die Betreuung der schon tätigen Lernpat*innen

Fazit: Ja, die Digitalisierung hat uns einiges abverlangt. Liebgewordene Gewohnheiten mussten durch neue Arbeitsweisen ersetzt werden. Das erforderte Mut, Flexibilität, Gelassenheit und die Einsicht, dass wir manchmal ganz schön „digital naiv“ sind… (Schöne Beschreibung einer Vorstandskollegin). Aber: Wir wissen uns zu helfen und wissen, dass wir gemeinsam viel schaffen können. Und wir hoffen, dass wir das neu Gelernte bald wieder mit den bereichernden menschlichen Kontakten kombinieren können.

Hinweis: Für alle, die digitale Unterstützung benötigen, bietet das Land Rheinland-Pfalz das Projekt „Digital in die Zukunft. Unterstützung für Vereine bei der Digitalisierung“ an.

https://wir-tun-was.rlp.de/de/im-land/digital-in-die-zukunft/