Der Kinderschutzbund fordert Mitsprache und Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei allen Themen, die sie betreffen – und das auf allen politischen Ebenen
MAINZ. Schulsozialarbeit ausbauen, Kinder und Jugendliche stärker beteiligen, Schulklassen verkleinern – diese Forderungen richteten Jugendliche, Wissenschaft und Kinderschützer am Ende einer Fachtagung des Kinderschutzbundes an die Landesregierung. Es gelte nun, aus den Erfahrungen der vergangenen anderthalb Jahre die richtigen Schlüsse zu ziehen – eine Rückkehr in den Alltag vor Corona sei für viele vielleicht verlockend – aber völlig falsch. Kinderschutzbund und Jugendvertreter kündigten eine enge Zusammenarbeit an.
Auf allen politischen Ebenen, vom Land bis zur Kommune, sollen Kinder und Jugendliche viel besser beteiligt werden – und zwar möglichst direkt. Das ist eine der wesentlichen Lehren aus der Pandemie. Es ist viel über Kinder geredet worden, aber kaum mit ihnen. Die Folge: gravierende Fehlentscheidungen und Frust. In der Konferenz des Kinderschutzbundes forderten Sabrina Kleinhenz (Dachverband der Jugendvertretungen RLP), Pascal Groothuis (Landeschüler*innenvertretung) und Ezgi Altun (aktive Beraterin der Nummer gegen Kummer) als Konsequenzen aus der Krise: Mitsprache bei allen Themen, die Kinder und Jugendliche betreffen – auch außerhalb der Schule und unter Einbeziehung von Kindern aus ärmeren Familien; einen Ausbau der Schulsozialarbeit und der psychotherapeutischen Angebote; den reinen Leistungsgedanken aufgeben und anerkennen, dass Schule auch psychosoziale Kompetenzen vermittelt; die noch schwach ausgeprägten digitalen Angebote stärken und zugunsten kleinerer Lerneinheiten einsetzen.
Dem folgte Heinz Müller, Geschäftsführer des Instituts für Sozialpädagogische Forschung Mainz, der intensiv zum Thema geforscht hat: „Die Schule ist als sozialer Ort anzuerkennen und weiterzuentwickeln. Wir brauchen eine Gesamtstrategie der Kinder- und Jugendhilfe für die kommenden Jahre.“ Müller sieht einen erheblichen Mehrbedarf für Hilfe und Unterstützung vor allem auf kommunaler Ebene – das könnten die Kommunen aber nicht alleine schultern.
Mit vielen praktischen Erfahrungen untermauerten Verena Alhäuser (Kinderschutzbund Hachenburg) und Anja Bischoff-Fichtner (Kinderschutzbund Landau-Südliche Weinstraße) die Forderungen. Viele Kinder und Jugendliche sind stark verunsichert – es sei wichtig und heilsam, ihnen wieder Sicherheit zu vermitteln. Das kann durch mehr Beteiligung geschehen, brauche aber zudem mehr Angebote der Kinder- und Jugendarbeit und weitere Therapieplätze. Beide würdigten, dass die durch Wechselunterricht erzwungenen Kleingruppen sowohl den Lehrer*innen als auch den Schüler*innen gutgetan haben – das sollte beibehalten werden. Auch die beiden Praktikerinnen forderten mehr Aufmerksamkeit für psychosoziales Lernen.
Neben mehr Beteiligung und Schulsozialarbeit listete der Landesvorsitzende des Kinderschutzbunds, Christian Zainhofer, am Ende als Forderungen für die nächsten Jahre auf: zusätzliche, auf die aktuellen Bedarfe abgestimmte Angebote für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Vereine und selbst organisierte Engagements müssen gefördert, Zugänge erleichtert und zerstörte Strukturen neu aufgebaut werden. Die digitalen Anfänge in den Schulen konsequent ausbauen und die Eltern einbinden – die neuen Geräte dürfen nicht im Schrank verwinden, wenn die Pandemie vorbei ist. Wir brauchen eine gemeinsame Digitalisierungsstrategie für die Kinder- und Jugendhilfe.
Der Kinderschutzbund will den Austausch mit jungen Menschen ausbauen und institutionalisieren, dazu neue Gesprächsformate entwickeln und damit auch die Gefahr eines Konflikts der Generationen bekämpfen.
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